8. und 9. Nat. Rigi

... steht ein antiker Zug mit einem geschlossenen und zwei offenen Wagen im Bahnhof, alle mit Interieur aus Holz. Solche Zugskompositionen sieht man bei der Rigibahn vermutlich auch nicht allzu häufig. Und da das Wetter frühlingshaft mild ist, besteigen zahlreiche OL-Läufer sehr bereitwillig die offenen Wagen. Schon die Fahrt nach Rigi Staffel ist ein Abenteuer, müht sich der Zug doch dank Zahnrad mehr als 1000 Höhenmeter hinauf. Auf Rigi Staffel bewundert die Mehrheit bei unterdessen sommerlichen Temperaturen die Aussicht und den Tiefblick auf die diversen Seen. Aber eigentlich sind ja alle hier, um einen Lauf zu absolvieren. Es heisst also, OL-Bekleidung und -Schuhe zu montieren und sich mit Kompass und SI-Card auszurüsten… Sehr zu meinem Erstaunen erfolgt der Start mitten in der Hotelanlage von Rigi Kaltbad – die Minigolfbahnen sind somit wohl am Anfang der Bahn zu erwarten. Obwohl ich mir vor dem Start nochmals vor Augen führe, dass wir auf einer Waldkarte mit Massstab 1:5000 laufen, werde ich trotzdem gnadenlos überrascht. Der richtige Weg zu Posten 1 ist zwar schnell gefunden (was offensichtlich nicht aller Läufer behaupten können …), die Minigolfbahnen sind auf der Karte schnell identifiziert und im Gelände problemlos auffindbar, und auch Posten 1 finde ich ohne grosse Zeitverluste. Doch dann führt die Bahn in einen Bergsturz mit riesigen Nagelfluhbrocken. Und meine Zeitverluste und Laufungenauigkeiten nehmen zu … Mir kommt ein Satz aus einer Durchsage der Rhätischen Bahn auf der Albulastrecke in den Sinn, der auf meine Situation angepasst etwa folgendermassen lautet: „Der Blick auf die Karte verkommt zum Verwirrspiel!“ Ich brauche weitere vier Posten, um auf der Karte anzukommen und die Informationen auf der Sprintkarte korrekt umzusetzen. Ab dann macht der Lauf mächtig Spass: Alpweiden, kleine Waldstücke, grosse Felsen und Sümpfe. Für Abwechslung ist gesorgt, Langeweile kommt nie auf, da die Posten wie für einen Sprint erwartet sehr dicht stehen. Im Ziel bin ich zwar mit meiner Laufzeit nicht wirklich zufrieden, mit dem Gelände und der Bahnanlage schon! Und ich schwöre mir einmal mehr, beim nächsten Waldsprint daran zu denken, dass kleine Wege auf der Sprintkarte richtig gross wirken … Da der Rücktransport von Rigi Romiti nach Staffel mit ziemlich viel Wartezeit verbunden ist, komme ich auch noch in den Genuss von herbstlichen Temperaturen.



Sonntag, 22. Oktober, 11.15 Uhr, Bahnhof Arth-Goldau, 6°C: Wegen der späten Startzeit sind wir heute fast alleine im Extrazug. Dominierten gestern noch T-Shirts und Pullover das Bild, sind dies heute Daunenjacken und Stirnbänder. Der Wettergott will uns wirklich vier Jahreszeiten erleben lassen! Kaum sind wir auf Rigi Staffel angekommen und haben die winterliche Temperatur gefühlt, erreichen erste Nebelschwaden den Rigikessel. Es dauert keine fünf Minuten, und Rigi Staffel verschwindet in dichtestem Nebel. Weitere fünf Minuten später kommt heftiger Wind auf, und die Geräusche auf dem Clubzelt lassen darauf schliessen, dass es draussen graupelt … Ideale Laufbedingungen sozusagen! Ich nehme die Bahn bis Rigi Kulm, warte im geheizten Wartesaal mit anderen frierenden Läufern und hoffe, dass sich das Unwetter bis zu meinem Start etwas beruhigt. Und ich habe Glück: Der Nebel lichtet sich, und der Schneefall hört auf. Der Weg zum Start erfolgt durch frisch gefallenen Schnee, wobei der starke Rückenwind die Läufer schon fast an den Start bläst. Das kleine Zelt am Start wird rege benutzt, um vom Wind Chill Factor nur noch den Chill-Aspekt zu erleben … Mit nicht wirklich warmen Muskeln erfolgt der Start dann eine steile Steigung hoch zum Startposten. Die ersten drei Posten führen mich fast zurück auf Rigi Staffel, immer schön gegen den Wind. Der Laufspass im alpinen Gelände wird in dieser Phase durch tiefgefrorene Muskeln etwas getrübt. Doch dann wendet die Bahn, und der Wind kommt von hinten. Gerade rechtzeitig werden die Beine für die lange Routenwahl zu Posten 5 warm. Und jetzt herrscht sozusagen Freude pur: Ich geniesse das abwechslungsreiche Gelände, die teils erstaunlich fein strukturierten Passagen und die vielfältigen Postenstandorte. Die Bahn überrascht durch einen Abstecher in den Steilhang ob Arth-Goldau, bevor sie in einer langen Routenwahl fast zum viel tiefer gelegenen Ziel bei Rigi Klösterli führt. Aber da ist noch nichts mit Ziel, da wartet noch eine Postenfolge hoch ob Rigi Klösterli. Also: Wiese rauf, Posten bei der Fluh mitnehmen und dann ab in den Schlusswald. Und der hat es in sich. Der Sumpf ist knietief, und Spuren im Schlamm weisen den Weg zum zweitletzten Posten; die Herausforderung besteht hauptsächlich darin, den Halt nicht zu verlieren und mit der klassischen Si-Card den Posten physisch zu erreichen … Auf dem Weg zum letzten Posten werden die Höhenmeter der kleinen Schlussschlaufe dann auf kurzer Distanz vernichtet, bevor das Ziel grüsst. Ein kurzer Besuch im Bergbach reinigt die Schuhe und lässt mir Zeit, den Lauf Revue passieren zu lassen: Abenteuer dank garstigen Witterungsbedingungen, tolles Laufgelände, eine gute Bahn und grosse Zufriedenheit. Die Laufdaten sprechen für sich: Fast 10 km zurückgelegt, 250 Meter rauf und gut 800 Höhenmeter runter! Und das alles bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt …

Rangliste 8. NAT

Rangliste 9. NAT

 

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