24-Stunden-OL-Abenteuer in Thüringen
Es ist 3:40 am Morgen, das Wettkampzentrum ist nur von ein paar Scheinwerfern beleuchtet und die Temperatur flirtet mit dem Gefrierpunkt. Sogar der Sprecher tönt müde, als er mit von jeglicher Euphorie befreiter Stimme sagt: „Jonas Wepfer, Team Schlossberg, Nummer 62 kommt zum Wechsel. „Fuck“ denke ich mir, sage es vielleicht sogar, hänge meinen Trainer im Wartezelt an die Wand und gehe in den Übergabebereich. Jede Hoffnung, dass es sich um einen falschen Alarm handelte, ich noch ein paar Minuten länger trocken und relativ warm angezogen warten kann, zerschlägt sich, als Jonas tatsächlich im Zieleinlauf auftaucht, das Ziel stempelt und an mich übergibt. Ich stolpere los, packe im Kartenzelt meine Karte und verschwinde im dunklen, kalten thüringer Wald.
Dies war der Tiefpunkt meines 24h-Ols, einem Ol Abenteuer, das am Freitag vor dem Auffahrtswochenende begann und sich jetzt, da die Uhr stoisch der Neun entgegentickte, dem Ende zuneigte.
An jenem Freitag fuhren die beiden Teams à je sechs Läuferinnen und Läufern mit dem Car los Richtung Norden, eine bunte Mannschaft die sich zwar im Alter, der Erfahrung, dem Trainingszustand, ja sogar der Clubzugehörigkeit unterschieden, nicht aber in der Vorfreude auf den bevorstehenden Event.
Nach langer Fahrt in Meiningen angekommen, bauten wir unsere Zeltlager auf, und nach einer grossen Portion Spagetti zogen sich alle in ihre Zelter zurück, um vor dem grossen Tag nochmals genug zu schlafen.
Der nächste Morgen war frisch, unsere Startläufer Corino, zum ersten Mal im gelb-blauen pfäffiker Dress, und Jonas machten sich für den Start bereit. Um 9 Uhr kam das Startsignal und die 140 Startläufer der 6, 12 und 24h-Teams stürzten sich in den Wald. Die erste Bahn, die für alle Teams bis auf eine Gabelung die gleiche war, war nicht besonders lang, und so war es schon bald Zeit für mich, aufzuwärmen, die Schuhe zu binden und mindestens 50 mal zu überprüfen, ob der Bahncoupon, den ich mitgenommen hatte, wirklich der richtige war.
Denn jedes Team erhält am 24h-Ol neben den Startnummern einen Satz Bahncoupons. Das sind 39 Zettel, für jede zu Verfügung stehende Bahn einen, auf denen die Namen der Bahnen stehen. Die Teams müssen dann - und dafür wird fast alle Zeit genutzt, die man nicht im Wald verbringt - diese Bahnen auf die Läufer und Läuferinnen sinnvoll aufteilen.
Ich nahm also meinen Zettel und wartete am Start auf Jonas, den ich ablösen sollte. Er kam bald. Zwar nicht mehr in der führenden Gruppe, mit der er im Wald verschwunden war, aber doch so bald, das ich mir Sorgen machen musste, eher überholt zu werden als zu überholen. Im Kartenzelt gab ich meinen Bahncoupon ab und nahm dafür meine Karte, unter den wachsamen Augen der Helfer, die kontrollierten, ob jeder die richtige Bahn nahm.
Der Tag schritt fort, alle absolvierten ihre Runden, kamen zurück, assen etwas, sagten „Vielleicht, wenn du diese Bahn machst, er jene und ich diese hier, sind wir noch fünf Minuten schneller, dann kann er noch diese Bahn machen bevor dann du auf die erste Nachtbahn musst“ und diskutierten dann, ob das wirklich klug ist, oder nicht noch eine dritte Variante besser. So vergingen einen Tag und eine Nacht und dann mindestens noch zwei Wochen, bis einmal, als wir gerade eine weitere Strategieanpassung vorgenommen hatten, jemand sagte „In einer Stunde ist 9, dann ist die Hälfte geschafft“ und wir alle realisierten, dass unsere Beine sich gar nicht nach „In einer Stunde ist Halbzeit“ anfühlten.
Trotzdem begann es langsam einzudunkeln und die ersten Runden mit Lampe wurden absolviert. Die Bahnen für die Nacht waren etwas länger als jene am Tag und so kamen wir alle dazu, ein wenig zu schlafen. Ich kroch also in mein Zelt und entfloh im warmen Schlafsack der sich ausbreitenden Kälte. Kaum aber war ich eingeschlafen, da flüsterte Siri vor dem Zelt. „Ich bin zurück“ sagte sie, „Jonas ist unterwegs, in einer halben Stunde bist du an der Reihe“, was uns wieder zum Anfang der Geschichte zurückbringt.
Als ich dann jedoch endlich von meiner Strecke zurück war, ging es ganz schnell: Nach einem monströsen Strategiefehler, den Moritz und ich Morgens um 6 noch produzierten und der höchstens noch der Samichlaus am Chlaus Höck, sicher aber ich nicht hier zum besten gebe, ging es schon bald auf 9 Uhr Morgens zu, Siri startete auf unsere letzte Strecke und über die Lautsprecher lief „The final Countdown“. Wir schauten noch zu, als es ein Läufer eines anderen Teams um zwei Sekunden vor neun noch ins Ziel schaffte und brachen dann unser Lager wieder ab. Auf dem Heimweg war es wesentlich ruhiger im Car als auf dem Hinweg…
Das Endresultat lautete:
Rang 8 für das Team Stoffel mit Corino Wyder, Pascal Haas, Irina Mayer, Remo Thoma, Nadja Rutz und Christoph Meier, Rang 15 für das Team Schlossberg mit Jonas Wepfer, Florian Wepfer, Flurina Bieri, Moritz Meier, Markus Bieri und Siri Dobler.
Der nächste Thüringer 24h-Ol, der 24., findet 2024 statt, am 11. Mai. Wenn die OLG Pfäffikon 4 Teams stellen würde, bräuchten wir 24 Läuferinnen und Läufer, und das müsste man doch alleine der Zahlen wegen machen, ganz abgesehen davon, das der Thüringer 24h-OL ein Event ist, für den ich die schönsten schwedischen Wälder verschmähen würde, selbst wenn ich morgens um zwei bei minus Zehn Grad starten müsste… Florian Wepfer
Hier ist zusätzlich der Bericht unseres OL-Söldners nachzulesen!